das dritte Jahr, Donau bis Giurgiu und Rückfahrt

Zwei Wochen Vorbereitung im April 2013 haben auch bewirkt, daß ich die Fahrradwege längs der Donau bis Visegrad gut kennengelernt habe. Streckenweise sind auch die Fahrradwege von der EU finanziert und befinden sich im hervorragenden Zustand, nicht nur die U-Bahnstationen. Interessant war auch die Entwicklung der Busse im Personenverkehr. Während es im Winter alte Busse der Firma Ikarus waren, sind dann im Frühjahr moderne Busse von Mercedes aufgetaucht - finanziert von der EU.

 

Das größte Problem in der Vorbereitung waren wieder mal die Ersatzteile für Sealand Vakuumtoiletten, weil nach meinem Eindruck die Firma Dometic die Beschaffung von Ersatzteilen für Sealand Aggregate  systematisch erschwert. Sie haben große Schwierigkeiten einzusehen, daß da nur selten etwas kaputt geht und der Umsatz nicht so groß ist. Diesmal hat das Gespräch mit einem Kunden in einem Werkzeuggeschäft weiter geholfen, der die Adresse eines Händlers in Budapest kannte, wo man Rundschnurdichtungen als Ersatz für O-Ringe bekommen konnte. Aber man soll auch nicht zuviel jammern, der Händler für Dometic Teile war auch in der Lage, die Toiletten-Dichtungen aus Deutschland zu besorgen, bevor es weiter ging. Benötigt habe ich übrigens nichts, es war reine Panik.

 

Meine Frau ist dann am 30.4.mit dem Flugzeug gekommen und wir haben wieder einen Monat reserviert, um Budapest zu erkunden. Erste Erfahrung: Vorsicht beim Geldwechseln an den Automaten, manche Banken verheimlichen, daß ihr Umrechnungskurs gewaltig vom offiziellen Kurs abweicht. Das führt natürlich nur dazu, daß man da nicht mehr hingeht. Wir haben nach der Erfahrung immer zuerst kleine Summen getauscht und uns dann am Abend den Kontoauszug angeschaut. War's ok, konnte man am nächsten Tag wieder hingehen.

 

Ein Tag war dem ethnographischen Museum gewidmet und dort haben wir eine faszinierende temporäre Ausstellung gesehen Wer es sich anschauen möchte: „http://www.neprajz.hu/kiallitasok.php?menu=3&kiallitas_id=132“. Bilder von einem deutschen Lehrer, der das Leben in Vemend, gelegen an der heutigen ungarisch-serbischen Grenze von 1916 bis 1920 dokumentiert hat. Es waren auch Tagesbuchauszüge dabei, die die Bilder erst plastisch werden ließen. Daraus ergab sich für mich, daß ich bisher noch nie die Wahrheit über die Vertreibung nach dem 2.Weltkrieg gehört habe, denn er hatte bis 1964 in Vemend gelebt.

 

Wir haben auch die Thermalbäder besucht. Das Gellert Bad in Budapest ist schon sehenswert, aber die Schwimmbecken relativ klein, dafür aber altmodisch und gepflegt. Das Thermalbad in Harkany verfügt über Außenbecken, die ich in ähnlicher Größe nur in Saudi Arabien angetroffen habe. In Rumänien in Baile Herculane (Herkulesbad) haben wir kein Thermalbad gefunden, in das wir hätten gehen wollen.

 

Die Metro wird in Budapest fast nur von der einheimischen Bevölkerung benutzt. Auch wir wurden für Ungarn gehalten, konnten aber natürlich keine Auskunft geben, weil wir die ungarische Sprachen nicht beherrschen. Oben auf der Straße im Zentrum die Touristen, aber sobald man die Treppe runter ging, waren keine mehr zu sehen. Wir haben ein sehr gutes Fischrestaurant und ein sehr gutes jüdisches Restaurant (Macesz Huszar) in Budapest gefunden. Es liegt im jüdischen Quartier in der Nähe der Synagoge. (Bild 40)

Bild 40

In Szentendre (Bild 43) gibt es auch ein Skanzen Museum (Bild 43b), das Gebäude aus ganz Ungarn zeigt . Man bekommt einen Eindruck, wie es in Ungarn früher ausgesehen hat. Dort waren auch Häuser aus der Puszta zu sehen; diese Landschaft haben wir nicht mehr gefunden  – zumindest nicht in Ungarn. Dort wo ich die Puszta vermutet habe, steht heute Wald, Mais oder Rebenstock. Die Puzta kommt nur noch für die Touristen vor. Wir haben von Baja aus die Bugac Puszta mit Ziehbrunnen, Pferd und Esel besucht (Bild 44)

Bild 43
Bild 43 b
Bild 44

Das riesige Parlamentsgebäude in Budapest stand auch auf dem Programm (Bild 41), wir haben es geschafft, unser kleines Boot vor dem riesigen Gebäude zu photographieren. (Bild 42)

Bild 41
Bild 42

Von Budapest haben wir auch einen Abstecher zum Balaton unternommen. (Bild 45) Was uns auffiel: am Balaton gibt es keine Schilder „zu verkaufen“ an den Häusern. Ganz im Gegensatz zu Budapest: Wenn es auf dieses Thema kam, haben viele Ungarn sich darüber beklagt, daß am Balaton die Häuser in ausländischer Hand sind. Generell sollte man sich von den vermeintlich niedrigen Preisen für Häuser nicht blenden lassen; die Preise für vernünftige Eigentumswohnungen in Budapest liegen auf unserem Level.

 

Einen Folklore Abend für Touristen konnten wir über das Hotel buchen. Die Schlacht um Budapest im 2. Weltkrieg wurde uns in dem „Krankenhaus im Berg“ nahe gebracht. 

Bild 45

So sind wir denn am 1.6. zur Weiterfahrt aufgebrochen und nach Übernachtung an einem Berufsschiff in Dunaujvaros in Baja angekommen. An dem Berufsschiff konnten wir nur mit Hilfe der rumänischen Besatzung festmachen, denn die Strömung des auflaufenden Hochwassers war gewaltig- aber die Rumänen, wie immer unglaublich hilfsbereit. Den Jachthafen von Herrn Likar in Baja hatte Herr Horvath empfohlen. Er liegt mitten im Ort, ist bewacht und als das Wasser alle Grenzen überschritt, wurden wir mit einem kleinen Boot an Land gefahren, manchmal inklusive Fahrräder. Also haben wir die 20 Tage Zwangspause, bis die Donau nach dem Hochwasser wieder freigegeben wurde, gut  verbracht.

 

Wegen des Hochwassers konnten wir den Gemencer Wald nicht besuchen, er war überflutet. An der Jagd sind wir nicht interessiert. (xx.pdf) Aber es gab auch so genug zu sehen: die Bücherei in Kalosca, die Paprikabauern, das Thermalbad in Harkany.

 

Oberhalb von Baja beginnt das Naturschutzgebiet, indem der Hochwasserdeich der Donau weit zurück gezogen ist. (Bild 84) Der Wald wird bei Hochwasser überflutet. Der Deich schützt erst die weiter entfernt von der Donau gelegenen Gehöfte, nicht die Häuser unmittelbar an dem Ufer. (Bild 46) Das setzt sich an der serbischen Donau fort. Es war schon gespenstisch, nachts im Wald die riesigen Bäume umstürzen zu hören, wenn man draußen vor Anker lag. In dem aufgeweichten Boden können sich die von der Strömung bedrängten schwächsten Bäume nicht mehr halten. Ich habe einen Eindruck davon bekommen, wie die Kohlenflöze entstanden sind. Die Strömung im Wald bei Hochwasser hätte ich nicht so hoch eingeschätzt. 

 

Bild 46
Bild 84

Das Militär kam, (Bild 48) um die Insel in Baja vor der Überschwemmung zu bewahren, denn ebenso wie in Budapest war das Hochwasser höher als die Deichkrone der Insel. Hier ist noch nicht der höchste Wasserstand erreicht, denn auch der Bogen mußte demontiert werden, als das Wasser noch höher stieg.(Bild 49)

Bild 48
Bild 49

Am Tag vor unserer Weiterfahrt haben wir die Insel mit dem Beiboot umrundet, nachdem wir die Polizei beruhigt hatten, daß wir mit dem kleinen Boot nicht auf die reißende Donau wollten. Der nächste Tag führte uns zur ersten Grenzstation in Mohacs, wo wir Halt machen mußten, weil wir jetzt die EU verlassen. In Bezdan ging es dann zum serbischen Zoll – und gleich die erste Überraschung: Die 64 Euro Gebühren für die Benutzung der serbischen Donau (was ist das eigentlich bei einem internationalen Gewässer?) erlauben nur einen vierwöchigen Aufenthalt. Dann muß man wieder 64 Euro bezahlen, wurde uns erklärt. Also haben wir den Aufenthalt in Novi Sad und Belgrad auf weniger als 4 Wochen begrenzt.

 

Einen Eindruck vom Hochwasser bekommt man, wenn die Situation in Apatin bei der Hinfahrt mit der bei der Rückfahrt verglichen wird. (Bilder 50 und 51)

 

Bild 50
Bild 51

Wir haben dann gegenüber von Vukovar übernachtet, weil wir so noch einmal die preisgünstigen EU Tarife für Internet und Telephon nutzen konnten.(Bild 52)

Bild 52

Wir waren eine Woche in Novi Sad und eine Woche in Belgrad. In Novi Sad am Steg des Segelclubs Vojvodina. Wer dorthin kommt, sollte dort festmachen. Es gab für uns sogar einen Parkplatz für das Auto auf dem Vereinsgelände.

 

Ein Grund für den relativ kurzen Halt in Belgrad war, daß man nicht auf einzeln reisende Touristen eingestellt ist. Wir haben den Wachwechsel (Bild 54) photographiert, ohne uns was dabei zu denken, ein Italiener, der eine Minute später photographiert hat, mußte alle seine Bilder löschen. Was ist da zu sehen, das man nicht jeden Tag in London zu sehen bekommt? Er und ich – wir konnten es uns nicht erklären, aber irgendwo wird es sicher eine Vorschrift geben, die es verbietet.

Bild 54

Einen Ausflug von Novi Sad waren die Klöster in der Frusca Gora wert. Wir haben NeuHopovo, Krusedol, Jazak besucht und in Novi Sad die Festung Petrovaradin, hier der Blick von oben auf die neue Brücke. Bild 55

 

Die Brücken in Novi Sad sind wieder aufgebaut, aber die Eisenbahnbrücke ist so baufällig, daß der Schubverband auf der Rückfahrt nicht komplett durchfahren durfte, sondern in zwei Teile zerlegt werden mußte.

Bild 55

In Belgrad haben wir im Hafen Dorcol gelegen. Auch hier wurden wir freundlichen empfangen und man hat uns bei allen Fragen geholfen. Interessant waren die Gespräche über den Investor, der aus dem Hafen einen Luxus Wohnkomplex (Dorcol Marina) machen möchte. Im Hafen gibt es einen hervorragenden Koch für die Vereinsmitglieder. Davon konnten wir uns auch überzeugen. Wer es kann, fängt in der Donau bei Belgrad immer noch einen ganz schönen Wels. Bild 53

 

Bild 53

Die Sava Kirche wurde restauriert und in die Kathedrale von Belgrad durften wir nicht hinein, weil meine Hose zu kurz wäre. Bild 56

Bild 56

Mit Vorsicht und Vorbereitung (der gegenüber liegende Segler war ausgefahren) sind wir dann aus dem engen Hafen gekommen und Richtung Orsova aufgebrochen. In Veliko Gradiste beim serbischen Zoll ausdeklariert. Jetzt wollte man 30 Euro am Zollsteiger haben, bei der Rückfahrt waren es dann 20 Euro – scheint also ziemlich willkürlich zu sein. Ach ja, die 30 Euro haben wir nicht bezahlt, sondern auf der Rückseite des Tanksteigers angelegt.

 

In Moldova Veche kam ein Gewitter auf, daß man kaum noch was gesehen hat und wir haben uns an eine Mauer gerettet, wo der Tiefgang ausreichend war. Allerdings möchte ich nicht wissen, woraus die glitzernden stinkenden Berge waren, die da lagerten.

 

Am 11.7.sind wir dann den landschaftlich imposanten Durchbruch der Donau durch die Karpaten nach Orsova gefahren. Es ist falsch, die ganze Strecke als „eisernes Tor“ zu bezeichnen, denn das  eiserne Tor (Bild 72) befand sich etwa da, wo heute die Schleuse Eisernes Tor 1 steht. Früher nannte man die vorhergehende Strecke vom Babakai Felsen bis Orsova die Kataraktenstrecke, die sich ihrerseits aus mehreren Engstellen zusammen setzte. Die Schwierigkeiten hingen immer vom Wasserstand ab, der heute kein Thema mehr ist.

Bild 72

Ein kurzes Gewitter auf der gestauten, an einen See erinnernden Donau erforderte eine Steigerung der Drehzahl um 100 1/min. (Bild 57) Die angezeigte Wassertiefe im Kazan (Bild 60) lag bei 85 Metern. Auf der ganzen Tagesetappe stürzen die Felsen immer wieder senkrecht in die Donau; nicht einmal für eine Straße ist Platz. (Bild 59) 

Bild 57
Bild 60
Bild 59

Bei der Rückfahrt sah es in der Nacht im Kazan auf dem Radarbild so aus, als wenn der Schubverband in der engen Kurve senkrecht auf die Felsen zu hielt. Durch den engen Durchbruch (aus der Ferne (Bild 61) und aus der Nähe(Bild 62)) zwängt sich die Donau hindurch. 

Bild 61
Bild 62

Die Trajan Tafel (Bild 63) erinnert an die Straße der Römer längs der Donau bis zur Brücke in Turnu Severin, heute 30 Meter unter Wasser. Eine herausragende Leistung, von der ich im Geschichtsunterricht nichts gehört hatte. Auch in Budapest konnten wir noch einige Reste der alten römischen Stadt besichtigen. (Bild 62)

 

Das Bild der Trajan Tafel zeigt auch, daß der Wasserstand noch unterhalb des normalen Wasserstands lag, denn immer wenn die Donau viel Wasser heranführt, wird der Pegel des Stausees abgesenkt, vermutlich um alles Wasser zur Stromerzeugung zu nutzen. Wegen des Hochwassers, das auch uns herangespült hatte, war der Pegel um 4 Meter abgesenkt worden.

 

Hinter dem Kazan erreicht man den Kopf im Fels, den der Industrielle Dragan anlegen ließ (Bild 64). Das ist ein touristisches Ausflugsziel, das von Orsova mit großen und kleinen Booten angesteuert wurde. Es gibt von fliegenden Händlern auch die unvermeidlichen Souvenirs. 

Bild 63
Bild 64

Nun sind wir also in Orsova angekommen und haben uns in der Bucht, die von der Cerna gespeist wird, auf die Suche nach einem Liegeplatz begeben, denn wir wollten ja in den Karpaten wandern. Im Donauplan stand zwar die Adresse einer Marina, nur es waren nur noch die Reste im Wasser zu sehen. Zuerst mußten wir zum Zoll. Dort haben wir erfahren, daß es auch Frischwasser gibt – nur später dann leider nicht an dem Tag, als wir es brauchten, denn da hatte die ganze Stadt kein Wasser, weil es irgendein Problem mit der aus den Bergen kommenden Leitung gab. Mit der großen Hilfsbereitschaft haben wir an dem Tag dann trotzdem alles Wasser bekommen, das der Hafen und Zoll noch in seinen Reservetanks hatte, denn man ist dort auf große Passagierboote eingerichtet. Dafür liegt die Anlegestelle aber zu ungünstig, weil vor der Tür direkt die E70 verläuft.

 

Nachdem wir einen passablen Liegeplatz gefunden hatten, galt es, das Auto vom Hafen in Belgrad zu holen, wo es sicher stand, weil Tag und Nacht ein Wächter anwesend ist. Wir wußten bereits vom Busbahnhof in Belgrad, daß es keine Verbindung Orsova -Belgrad mit öffentlichen Verkehrsmitteln gibt: Also sind wir mit dem Taxi über die Schleuse Eisernes Tor 1 nach Kladovo gefahren und von da mit dem Bus nach Belgrad. Der Bus fährt die Straße an der Donau entlang und so bekommt man atemberaubende Eindrücke von dem Gebirge, das neben der Straße streckenweise fast senkrecht in die Donau fällt. Auf der Rückfahrt habe ich die Straße im Nachbartal gewählt und so sind wir zwar zu einem Blick in das tiefe Loch des Kupferbergbaus in Majdanpek gekommen, aber es war schon fast dunkel. Es hat uns an das Big Hole in Kimberley erinnert. Nur die Straße über die Berge hinunter zur Donau haben wir zunächst nicht gefunden. Aber plötzlich um 22:00 stand da ein ganz verwittertes Schild am Straßenrand, das nach Donji Milanovac wies. Wir also in der finsteren Dunkelheit eine Straße gefahren, die ungefähr so breit wie das Auto war, immer in der Erwartung, daß es mit der geteerten Straße im Wald bald ein Ende haben würde. Aber siehe da, langsam kamen die Lichter der Dörfer an der Donau näher und plötzlich ging es steil hinunter. Jetzt nur noch die Straße zur Schleuse entlang und dann am Zoll vorbei nach Orsova. Die E70 ist neu gebaut und es ging dann schnell, aber wegen der Zeitverschiebung war es in Orsova schon 1:00 nachts.

 

Nachdem wir uns aufgerafft hatten und nach dem Agenten der DTSG gefragt hatten, den jeder kannte, den wir aber wegen falscher Telefonnummer nicht erreicht hatten, hat er sich für den weiteren Aufenthalt fürsorglich um uns gekümmert, und uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ich bitte um Verständnis, wenn ich seinen Namen hier nicht nenne.

 

Er hat uns nicht nur zu dem Kloster der heiligen Anna (Mânastirea Sf. Ana) (Bild 65) geführt, sondern auch zu so mancher von der EU finanzierten Investitionsruine in Orsova. Von dem Kloster konnte er viele Geschichten erzählen, denn sein Vater hatte als Zimmermann auf dem Bau gearbeitet. Wir haben von ihm auch erfahren, wo es in der Umgebung etwas Interessantes zu sehen gibt.

Bild 65

So ausgerüstet sind wir nach Baile Herculane auf den Spuren von Kaiserin Sissi  gezogen. Bedauerlich ist der Zustand der historischen Gebäude (Bild 66). Die alten schmiedeeisernen Gitter vor den Balkonen waren geklaut. Daß es vor gar nicht so langer Zeit mal anders ausgesehen haben muß, beweist das von der Firma Neckermann gebaute Hotel Roman, das heute noch bewirtschaftet wird. Nur haben wir kein Thermalbad gefunden, das wir gerne aufgesucht hätten. Aber die Wanderwege waren in hervorragendem Zustand, also haben wir die umliegenden Berge erforscht, wobei uns auch ein rumänisches Wanderbuch geholfen hat. Es hat sich wieder bestätigt, daß man sich solche Informationen besser vor Ort besorgt. Längs der Bergstraße, die die Cerna begleitet, gab es viele Camper, die die auch dort vorhandenen heißen Quellen nutzten. Bild 67

Bild 66
Bild 67

Traurig für Mensch und Tier ist das Schicksal der streunenden Hunde – wir haben sogar einen Golden Retriever gesehen, der die Abfallbeutel im Wald durchwühlt hat. Das größte Problem sind natürlich die Nachkommen, die den Kontakt zum Menschen nicht mehr haben. Wir sind deshalb in Giurgiu nicht mehr Fahrrad gefahren, sondern ins Fitness Center marschiert.

 

Nach 14 Tagen in Orsova sind wir dann nach Giurgiu aufgebrochen, das wir nach fünf Tagen erreicht haben. Es gibt auf der rumänischen Seite unterhalb von Dobreta Turnu Severin bis Giurgui keine Jachthäfen. Die Doppelschleuse Eisernes Tor 1 haben wir ganz schnell gefahren, weil die untere Kammer mit Berufsschiffen hochkam und wir klein genug waren, um die großen in der unteren Kammer zu umfahren. Beim Eisernen Tor 2 mußten wir 5 Stunden warten, dann kam erst ein Passagierschiff, mit dem wir zusammen schleusen konnten. Dabei haben wir erfahren, daß Schiffe, die kürzer als 35 Meter sind, solange warten müssen, bis ein großes Schiff kommt. Das kann also auch mitten in der Nacht sein, aber da hatten wir ja Glück.

 

 Die größte Umstellung für mich war, daß jetzt unterhalb der Schleuse Eisernes Tor II Niedrigwasser auf der Donau herrschte, während  wir uns vorher darüber keine Gedanken machen mußten.

 

Gewarnt hätte ich sein können, als die Wracks der deutschen Schwarzmeerflotte aus dem 2.Weltkrieg hoch aus dem Wasser ragten, die sich da selbst versenkt hat. (Bild 68)

Bild 68

Unterwegs mußten wir den kleinen Trinkwassertank nachfüllen und haben dazu in Bechet festgemacht. Zunächst hatte ich das für kein Problem gehalten, aber Trinkwasser gab es in der ganzen Zollstation für die Fähre nach Bulgarien nicht. Ein Polizist hat mich zum Kaffeeautomaten geführt, der von zwei Plastikbehältern gespeist wurde und das Wasser mit mir geteilt.

 

Wenn wir uns beim Ankern einer Sandbank gefährlich näherten, kam sofort ein Schlauchboot angesaust und die Leute haben uns auf die Gefahr hingewiesen.

 

In Giurgiu angekommen, sind wir zur Hafenverwaltung marschiert und haben uns nach einem Liegeplatz für zwei Wochen erkundigt. Wir hatten wieder mal Glück und durften außen an einem Schiff des AFDJ festmachen. Damit hatten wir wieder einen bewachten Platz für Auto und Boot gefunden, an dem es Strom und Wasser gab und der sogar kostenlos war. Es war natürlich kein Yachthafen, aber für die Erforschung der Umgebung gut geeignet.

 

Wir sind dann als Erstes mit dem Zug nach Orsova gefahren und haben das Auto geholt. Die Zugfahrt war ein Erlebnis. Der Zug bestand aus Lok und vier Wagen, die wegen der Urlaubszeit überfüllt waren. Einer hatte eine Klimaanlage, unserer nicht, aber wir hatten noch Sitzplätze reservieren können. Die Hügel des Banat hinunter nach Dobreta Turnu Severin ist der Zug mechanisch gebremst gefahren; es ging also höchstens mit 25km/h und in Orsova hatten wir 2 Stunden Verspätung.

 

Überall sah man riesige Felder mit Sonnenblumen. Die Bewässerungsanlagen aus kommunistischer Zeit sind alle ruiniert durch den Diebstahl des Metalls. Die Betongebäude stehen noch. Am Straßenrand stehen überall Bauern mit ihren Ständen und verkaufen Obst, Gemüse und selbst gebrannten Schnaps in gebrauchten Coca-Cola Flaschen. Also da waren wir gut mit Melonen usw. versorgt.

 

Während Orsova in der Hand von Rewe ist (Billa und Penny), gab es in Giurgiu Lidl und Kaufland. Da kennen wir uns aus, weil wir hier auch da einkaufen. Es ist schon erschreckend: Man ist 2500 km von zu Hause entfernt und wenn man in den Laden reinkommt, ist alles wie hier: Rechts das Obst und Gemüse, links Nudeln usw.

 

Von Giurgiu nach Bukarest sind es nur 65 km auf einer 4-spurigen Straße - aber Vorsicht, man sollte die Straßen nicht mit unseren vergleichen, obgleich sie nach den Berichten in den letzten Jahren schon viel besser geworden sein müssen. Bukarest besichtigen ging mit dem Bus viel besser als mit dem Auto wegen des Parkens. Auch wenn man ins Land fahren will, führen alle Wege über Bukarest. Und wir wollten ja die Schlösser Peles und Bran besuchen. Schließlich haben wir mal im Kino den Film „Tanz der Vampire“ geschaut.

 

Beide Schlösser waren überlaufen, aber diesmal mit rumänischen Touristen. Übernachtet haben wir in einer Pension ca. 20km vor Bran, wo es nebenan ein hervorragendes Fischrestaurant gibt.

 

Das Schloß Peles (Bild 73) ist vom rumänischen König um 1890 gebaut worden. Es fanden sich überall Hinweise auf Hohenzollern-Sigmaringen. Im Schloß Bran gibt es sogar einen Aufzug (Bild 74). Über beide Schlösser finden sich genug Informationen im Internet.

 

Bild 73
Bild 74

Leider war die Zeit zu kurz und wir sind nicht zu einer Wanderung in Transsilvanien (Siebenbürgen) gekommen. Also haben wir auch nichts von den Bären gesehen.

 

Für den Rückflug meiner Frau mußten wir die beste Verbindung zum Flughafen finden. Es gibt zwar eine Ringstraße um Bukarest herum. Da bildet sich aber häufig ein kilometerlanger Stau wegen der vielen LKW, die nicht durch Bukarest fahren dürfen und die Straße ist nur zweispurig. Also blieb uns nur der Weg durch die Stadt. Bei 4 bis 6 Spuren hat man ganz schöne Schwierigkeiten, die richtige Spur zum Flughafen zu erwischen, denn Schilder sind Mangelware.

 

Für ein kg Schrott bekommt man in Giurgiu 0,80 RON das sind 18 Cent. Dafür gab es im Hafen Leute, die bei dem niedrigen Wasserstand getaucht sind, um den Schrott vom Hafenboden  aufzusammeln -  man konnte in dem Schlamm keine 2cm weit sehen! Im Hafengebiet stehen viele Neubauruinen herum. Wie zu sehen, haben sich einige Leute da eingerichtet – mit Wasser aus dem 5 Liter Behälter, den es überall zu kaufen gibt. (Bild 75)

Bild 75

 

Immer wenn wir uns mit Rumänen unterhalten haben, gab es Berichte über Arbeitstätigkeiten in Deutschland, auf die man stolz war. In Orsova hatte ein Besucher sogar extra seine Jacke mit Aufschrift „AWO“ angezogen. Man kann in Deutschland ja Geld verdienen. Wir jedenfalls haben niemanden getroffen, der wegen der Sozialhilfe nach Deutschland wollte. In Orsova haben uns die Rumänen sogar vor den Zigeunern gewarnt: Nach Giurgiu wollte ihr? Da müßt ihr vorsichtig sein, 60% der Bevölkerung sind Zigeuner!

 

Wir haben uns durch die Fahrt einen gewissen kleinen eigenen Eindruck verschafft.

 

Für die Rückfahrt hatte ich schon zu Hause geplant, mich von einem Berufsschiff mitnehmen zu lassen. Dafür kann man die schnellen niederländischen Schiffe völlig vergessen, sondern muß sich an die rumänischen Berufsschiffe halten. Mit der Vermittlung der Hafenbehörde in Giurgiu und Dobreta Turnu Severin ging das besser, als ich es je gewagt hatte zu hoffen. Deshalb hier noch mal mein Dank an die Mitarbeiter.

 

Am 13.8 ist meine Frau zurück geflogen, am 14.8 habe ich eingekauft und am 15.8 um 6:00 morgens ging es los. In Dobreta Turnu Severin trafen wir abends ein und mittags war ich schon mit einem Schubschiff mit 5 Leichtern mit Kokskohle auf dem Weg nach Dunaujavros.

 

Der Versuch, mit eigener Kraft zurück zu fahren, hätte schon wegen der geringen Anzahl von Dieseltankstellen am Wasser viel Zeit erfordert. Die Vietze hat nur ein Tankvolumen von 900 Litern.

 

Es ist tatsächlich so, daß man die Donau erst kennenlernt, wenn man gegen den Strom fährt. Ich weiß jetzt, wie man das flache Wasser vom tiefen unterscheidet und was man bei der Fahrt alles zu beachten hat. Da kann die Donau 1,5km breit sein und trotzdem steht im Fahrtanzeiger der Donaukommission, daß hier Begegnungsverbot herrscht. Wie das? Die Fahrrinne ist nur 80 m breit, da können sich zwei 36m breite Schubverbände nicht begegnen. Oder wegen der Inseln teilt sich die Donau auf vier Arme auf und dann bleibt für die Fahrrinne nicht mehr viel Wasser. Man darf auch nicht unterschätzen, daß es an der unteren Donau keine Wasserbauwerke gibt. Da ist das AIS System für die Berufsschiffe schon eine große Hilfe – wir habe keinen AIS-System an Bord, denn so kann der Kapitän den Abstand des entgegenkommenden Schiffes einschätzen.

 

Die Donau kann sich ihr Bett immer neu graben, was manchmal in meinen Plänen nicht verzeichnet war. Die rumänischen Kapitäne fahren nach dem Abstand zum Ufer und erhalten diese Informationen von ihrer Kollegen. Der Job ist also (noch) etwas für Insider. Die Konkurrenten aus den Niederlanden oder Deutschland erhalten diese Informationen über ein Abonnement, z.B. von viaDonau.

 

Wie groß der Konkurrenzdruck ist, konnte ich aus den Blicken der Matrosen des Schubschiffes erahnen, als der Schubverband von einem niederländischen Berufsschiff überholt wurde. 6 Matrosen, 2 Kapitäne und ihre Familien konkurrieren mit einem zweischiffigen Schubverband, der von einer Familie gesteuert wird. Eigentlich kommen nochmal 8 Familien dazu, weil nach einem Monat Dienst die Ablösung übernimmt.

 

Noch ein Beispiel: Im Hafen von Giurgiu wurde ein niederländischer Frachter entladen. Als das abgeschlossen war, hat es mit Bug- und Heckantrieb 30 Minuten gedauert, bis der Frachter den Hafen verlassen hatte. Währenddessen wurden die Abdeckungen des Laderaums automatisch aufgelegt, ohne daß jemand Hand anlegen mußte. Dann kam der rumänische Schlepper und hat 2 Stunden gebraucht, um den Leichter, der schon im Hafenbecken lag, zum Kran zu bugsieren. Danach fing man an, die Abdeckungen manuell zu entfernen.

 

Zunächst ging es also mit einem Verband von zwei Tankschiffen nach Dobreta Turnu Severin. Es gab nur einen Kapitän und einen „Lehrling“ aus der Nachbar-Familie, also hat der Verband jeden Abend einen Ankerplatz aufgesucht. Wegen des niedrigen Wasserstands war streckenweise auch die Nachtfahrt verboten. Einen durchgebrochenen Leichter läßt man auf der Sandbank liegen.(Bild 76) Es gab auch Schiffe, die auf der Hinfahrt noch im Wasser schwammen und auf der Rückfahrt gestrandet waren. (Bild 77)

Bild 76
Bild 77

Ist ein Leichter auf einer Sandbank gestrandet, versucht man ihn mit mehreren Schubschiffen herunter zu bugsieren.

 

Im Bild 79 sieht man den Verband der Tankschiffe vor der Schleuse Eisernes Tor 2, serbische Seite und am Ufer die jetzt überflüssigen Schlepper (Bild 80), die die Schiffe durch den alten SIP-Kanal am eisernen Tor gezogen haben.(Bild 72)

 

Bild 79
Bild 80

Das Schubschiff (Bild 81) mußte häufig Manöver ausführen,  um Leichter abzusetzen oder in den Verband einzubinden. Das war etwas, womit ich nicht gerechnet hatte, denn es bedeutet, daß ich die Vietze ablegen und warten mußte, bis die Manöver abgeschlossen waren. Gleiches galt auch für die verschiedenen Zollstationen, die wir immer getrennt aufgesucht haben. Tagsüber war das natürlich kein Problem, aber so bin ich zum ersten Mal nachts unterwegs gewesen, denn man konnte sich den Zeitpunkt der Trennung nicht aussuchen. Mit elektronischer Karte, Radar und der Erinnerung an die Hinfahrt ging es doch ganz gut. Fahren in der Nacht ist aber gefährlich, weil die Leichter nicht beleuchtet sind.

 

Durch die Gespräche mit den Mannschaften der beiden Verbände habe ich eine Menge über das Leben auf der Donau erfahren. Sie sind mit dem Schubschiff einen Monat unterwegs und werden dann abgelöst und kehren für einen Monat zu ihren Familien zurück. Die beiden Kapitäne wechseln sich alle acht Stunden ab. 

Bild 81

Am 26.8. war ich bereits in Dunaujvaros und bin dann mit eigener Kraft losgezogen. Auf der Donau vor Anker zu übernachten, war besser, als an einem stilliegenden Berufsschiff wegen der Passagierboote, die mit Vollgas an einem vorüber ziehen und die entsprechenden Wellen erzeugen.

 

Die österreichischen Donauschleusen sind auch bergauf einfach zu fahren, da das Wasser (meistens) hinten eingelassen wird und man vorne am Ausgang festmacht und zuerst ausfahren kann.

 

Am 6.9. war der Main-Donau-Kanal erreicht und am 8.9. der Main. Dann gab es eine Zwangspause wegen des Streiks der Mitarbeiter des bayrischen WSA. Trotzdem war am 16.9. der Rhein und am 17.9 Duisburg erreicht.

 

Wir werden immer wieder gefragt, warum wir nicht weiter gefahren sind. Einerseits liegt Giurgiu günstig, um den Flughafen in Bukarest zu erreichen. Andererseits muß man den Wasserstand bedenken. Der Sulina Arm hat schon normalerweise einen sehr niedrigen Wasserstand. Man kann eigentlich nur den Chilia Arm an der ukrainischen Grenze benutzen und dafür benötigt man ein Visum. Und was sollen wir mit unserem Binnenschiff am schwarzen Meer machen, wo es weit und breit keinen Hafen gibt? Es bleibt also nur der Donau-Schwarzmeer-Kanal nach Constanta und der zweigt von der Donau bei km 300 ab. Giurgiu liegt bei km 490. Wir haben also auf 190 km verzichtet, die man in zwei Tagen hätte fahren können.

 

Am 23.9.13 bin ich dann früh morgens nach Bukarest geflogen, um das Auto zurück zu holen. Bei der Ankunft am AFDJ in Giurgiu gab's ein großes Hallo und unser Citroen Picasso stand unversehrt, wo ich ihn zurück gelassen hatte. Nach einer Übernachtung im Hotel bin ich dann am 24.9. nach Hause aufgebrochen. In Rumänien gibt es nur wenige Autobahnen und keine auf der Route, die ich fahren wollte. Also mußte ich die meistens zweispurige E70 benutzen, die eigentlich ganz gut ausgebaut ist, bis auf den Bereich, der im Verwaltungsbezirk Olt liegt. Da gibt es neben riesigen Schlaglöchern 10cm Höhenunterschied zwischen rechter und linker Fahrbahn

 

Am ersten Tag bin ich bis Timisoara gekommen, denn auf das Überholen der LKW habe ich meistens verzichtet. Route Giuriu – Rosiori de Vede – Craiova – Turnu Severin – Timisoara.  Am nächsten Tag habe ich dann über Sannicolau Mare die Autobahn M43 in Mako Ungarn erreicht. Dann geht es schneller und ich habe in Oberloiben bei Familie Schweighofer übernachtet. Mit 100 Flaschen österreichischem, ungarischem und rumänischen Rotwein im Auto bin ich dann am Abend des dritten Tags nach Hause gekommen.