Bericht & Fotos Dr. Klaus Crumbiegel

Mit "VIETZE" über die Rhone

Mücken, Regen, Hochwasser, Sperrungen, defekte Schleusen, Streiks – aber schön war es doch

Dieses Jahr haben wir den zweiten Versuch unternommen, die Rhône zu befahren. Der erste Versuch war 2008 gescheitert, als aus dem Stevenrohr Öl austrat. Der Fachmann in St. Jean de Losne (Blanquart) konnte es nicht reparieren und hatten der Vietze mit ihrem ausgeschlagenen wassergeschmierten Gummilager vor dem Propeller noch eine Reichweite von 50km gegeben. Weil er es nicht reparieren konnte, wollte er auch kein Geld haben für das Anheben der Vietze. Wir hatten es damals entgegen der negativen Prognose noch bis Duisburg geschafft, wo die Propellerwelle fachmännisch demontiert und repariert werden konnte.

 

Nun also dieses Jahr ein neuer Versuch, auf der Rhône soweit südlich wie möglich zu kommen. Bekannt war uns, daß nur wenige Yachthäfen an der Rhône vorhanden sind und daß Ende Mai ein Zwangstop wegen der Wartung der Schleusen auf der Mosel erforderlich sein würde.

 

Die Bilder 1a (Frankreich) und 1b (Deutschland) zeigen unseren Weg bis zum Ende im Yachthafen von Cruas, der von einem hilfsbereiten Hafenmeister betreut wird, der für alle Fragen eine Lösung gefunden hat und den Sommer über auf seinem Schiff dort wohnt. Man kann natürlich weiter fahren und dann z.B. in Avignon am Boulevard de Ligne festmachen, wo man dann im Dreierpäckchen neben einer 4 spurigen Ausfallstraße liegt. Sicher nichts für einen mehrwöchigen Aufenthalt. Wenn man weiterfährt, muß man durch die nicht ausgebaggerte Petit Rhône zum Canal du Midi fahren, um den nächsten Yachthafen zu erreichen. Die Schleuse in Beaucaire ist außer Betrieb und in und hinter der ehemaligen Schleuse ist dort alles von festliegenden Booten belegt. In Arles gibt es nicht einmal einen Yachthafen. Wir haben in Frankreich mehrmals stillgelegte Schleusen gefunden, die als ruhige Liegeplätze genutzt wurden.

01aRouteFrankreich.pdf
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01bRouteDeutschland.pdf
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Aber der Reihe nach:

 

Los ging es in Datteln nachdem wir alles für 4 Monate eingepackt hatten. Vietze lag viel tiefer im Wasser als üblich, kein Wunder, Dieseltank voll, Wassertank voll, alle Klamotten inkl Wanderausrüstung und Fahrrädern. Beim Thema Wandern hatte ich an den Jura gedacht und nicht an Südfrankreich. Wir haben dann gelernt, daß es dort hervorragende Wanderwege gibt, die schon bei kleinen Höhenunterschied unglaubliche Anforderungen stellen können. Im Tal der Ardeche gibt es Wanderwege, die eine Furt durch den Fluß nutzen.

 

Am ersten Morgen nach der Abfahrt wurden wir früh geweckt, weil wir am Anleger des WSA festgemacht hatten, aber die Leute waren freundlich und haben gewartet, bis wir startklar waren. Frühstück gab es erst am Anleger der Ruhrschleuse unten am Rhein. Zwei Tage später waren wir in Koblenz.

 

Boulevard de Ligne

Am nächsten Tag habe ich per Zug das Auto geholt. Der Straßenzustandsbericht vom 13.5. kündigte lange Wartezeiten bei 550km Stau an, aber die Staus waren alle in die andere Richtung und so ging es schnell.

 

Das Auto habe ich dann immer mit dem Fahrrad am Tag nach der Ankunft in einem Hafen geholt und so bin ich nebenher praktisch die ganze Strecke von Koblenz bis Gray in der Region Franche-Comté und Burgund mit dem Fahrrad neben den Kanälen und Flüssen gefahren. Der geteerte Fahrradweg ist fast überall in gutem Zustand. Da hat man viel an den Fahrradwegen getan.

 

Noch eine Fahrradtour nach Boppard und dann ging es los moselaufwärts. An der dritten Schleuse (Müden) wäre es fast zur Katastrophe gekommen, denn da liegt ein Schwimmsteg vor der Schleuse, wie man das von hier kennt. Also habe ich darauf zugehalten und nur die Warnung des Schleusenwärters hat uns gerettet. Denn die Wassertiefe an dem Steg ist viel zu gering für die Vietze.

 

Zur Katastrophe kam es dann doch noch im Hafen Treis, denn nirgendwo im Führer stand, daß die Mosel quer durch den Hafen strömt und der Hafen flußaufwärts nicht abgeschlossen ist. Man kann jedem nur raten, dem Törnführer Mosel von Doris und Andreas Saal nicht zu vertrauen. Vielleicht ist die Strömung im Hafen geringer bei niedrigerem Wasserstand, aber solche wichtigen Informationen gehören in die Beschreibung.

 

Bis ich die Gefahr erkannt hatte, war es schon zu spät und wir sind an einem außen an einem Steg liegenden Boot lang gerutscht.

 

Am nächsten Tag das Auto geholt und auf dem Rückweg habe ich die hervorragende Fischräucherei von Christoph Barden Fischerei Aalräucherei an der Schleuse Müden gefunden, die vielen Binnenschiffern bekannt ist. So gab es die nächsten Tage geräucherte Forellen.

 

In Bernkastel-Kues sind wir am 20.5 angekommen und haben das Auto nachgeholt. Damit ist man einfach mobiler und wir konnten im Graacher Tor zu Abend essen.

 

Vom Fahrradweg hat man einen guten Blick auf die gigantische Hochmoselbrücke, die im Kreis Bernkastel-Wittlich entsteht. Ob es eine Entlastung für die Ortsdurchfahrten der Moseldörfer wird, wird die Zukunft zeigen. Bild 4. Alle Informationen findet man im Internet unter dem Stichwort Hochmoselbrücke. 

Vietze in Koblenz
Moselbrücke bei Ürzig

Viel interessanter fand ich die Klosterruine Stuben gegenüber vom Calmont und ihre Geschichte. Den Wanderweg im Calmont haben wir nicht besucht, weil wir vor der Sperrung der Schleusen in Luxemburg sein wollten.

 

Klosterruine bei Stuben

Auf der Fahrt nach Trier Monaise habe ich eine der kleine Schleuse auf der Mosel probiert, Vietze paßte so gerade in die Sportboot Schleuse, weil sie relativ schmal ist, aber es ist doch bedrohlich eng. Wir haben es nicht wieder gemacht.

 

In Trier haben wir die Nero Ausstellung besucht; es ist schon seltsam, solange meine Eltern in Trier gewohnt haben, war ich nicht einmal bei der Porta Nigra, jetzt folgt man den Touristen.

Trier

So sind wir vor der Schleusensperrung in Schwebsange (Remich) angekommen, wo wir auf eine ruhige Woche gehofft hatten, aber es kam dann ganz anders. Es fing an mit zwei Tagen Dauerregen. Wenn man raus ging, war man sofort vollkommen durchnäßt, also haben wir zwei Tage im Schiff verbracht. Am nächsten Morgen war von der Spundwand, an der wir festgemacht hatten, nur noch 10cm zu sehen und man konnte zusehen, wie Vietze Anstalten machte, auf den Weg zu treiben. Also brauchten wir einen Liegeplatz an einem der Schwimmstege, während die anderen Boote an der Spundwand mit Seilen davon abgehalten wurden, auf den Weg zu treiben.

 

Die Mosel führte so viel Wasser, daß die Staumauern nur noch kleine Stufen waren, die Gewalt des Wassers kommt auf den Fotos nicht zum Ausdruck. Baumstämme konnten sich aus dem Wirbel hinter dem Wehr nicht befreien und rotierten im Sog unterhalb des Wehrs.

 

Staumauer
Staumauer

Am Sonntag war auch noch der Fäkalientank voll und wir mußten raus aus dem Hafen, um ihn zu entleeren. Die unter Wasser liegende Spundwand hatte ich markiert, um nicht nur auf den Kartenplotter mit openCPN angewiesen zu sein. Das ging alles ganz einfach, nur als wir zurück kamen, hatten ein paar Schlaumeier die Polizei wegen Fahrt bei Hochwasser alarmiert, die aber nur im Hafenbüro vorstellig geworden sind. Daher haben wir davon erfahren, zu uns sind sie aber nicht gekommen.

 

Manchmal sind wir in dieser Zeit Fahrrad gefahren, aber das war mehr eine Wassertour, weil der Moselradweg streckenweise auch unter Wasser stand.

 

Schleusensperrung und Hochwasser waren ziemlich gleichzeitig vorbei. Vor der Abfahrt wollten wir tanken (naja Luxemburg), jetzt war die Tankstelle defekt. Wir haben dann unseren Tank benutzt, was aber auch nutzlos war, denn danach war der ganze Weg bis zur Schleuse Apach mit Berufsschiffen verstopft, die wegen des Streiks der Schleusenwärter in Frankreich nicht weiter kamen. Zeitweise bis zu 50 Schiffe. In der zweiten Nacht kamen dann die ersten Privatboote an, die berichteten, daß sie drei Tage von Metz nach Schwebsange gebraucht hatten.

 

Die Einstellung der französischen Gewerkschaft CGT beleuchtet vielleicht folgendes Zitat aus deren Internet Seite: „Navigation internationale bloquée sur Moselle à partir du 9 juin 2016 et jusqu’à nouvel ordre.“

 

Samstag war der Weg frei und wir sind hinter einem Berufsschiff bis Thionville gekommen, wo wir die erste Monatsvignette kaufen mußten. Danach haben wir uns beeilt und den nächsten Schleusenwärter bestochen, so daß wir bei der darauf folgenden Schleuse „unser“ Berufsschiff wieder eingeholt hatten. So sind wir an einem Tag bis Metz gekommen, haben im „Yachting Club de Metz“ festgemacht und wurden sofort vom Hafenmeister auf deutsch und französisch begrüßt. Hier war es ruhig und tolle Stimmung, so daß wir länger als geplant geblieben sind.

 

In Lothringen hat man stillgelegte Bergwerke und Stahlwerke für Besucher hergerichtet, wie im Ruhrgebiet. 

Stahlwerk

Die imposante Kathedrale von Metz Saint-Étienne haben wir wegen der Marc Chagall Fenster besucht.

 

Kathedrale von Metz

Bei unserer Abfahrt stand auf der Seite der Moselkommission, daß heute gestreikt wird, dem war aber nicht so und so sind wir bis zu dem Abzweig des Rhein-Marne Kanals in Pompey gekommen, denn nach Nancy wollten wir nicht. Wir haben Nancy mit dem Auto aufgesucht und beim VNF noch zwei Monatsvignetten gekauft. Zwei? Das war nicht falsch, denn wir waren erst am 18.8 in Niffer. Auf dem Rhein braucht man keine Vignette mehr.

 

Der kostenlose Gemeindeanleger in Pompey hinter der Schleuse Custines war ganz leer als wir ankamen und am nächsten Tag übervoll. Da hatten wir also Glück gehabt und sind zwei Tage geblieben.

 

Dann sind wir die Moselschleife an Toul vorbei gefahren und haben noch die erste Schleuse des Vogesenkanals geschafft und in Richardmenil festgemacht. Als Erstes sind wir von dem Schiffer eines der dort liegenden Bootes gefragt worden, ob wir vom Rhein-Marne-Kanal kommen. Dadurch haben wir erfahren, daß die erste Schleuse hinter Nancy Richtung Straßburg defekt ist und wohl längere Zeit eine Passage nicht möglich ist. Das eine Schleusentor war defekt und der VNF mußte ein neues Tor in Straßburg fertigen lassen. Das hat dann 4 Wochen gedauert. Insofern hatten wir mit dem defekten Schleusentor auf dem Rhein-Rhône Kanal hinter Baume les Dames mit zwei Tagen Wartezeit viel Glück gehabt. 

defektes Schleusentor

Manchmal ist es schon erstaunlich, daß die Schleusen funktionieren.

Kabel

Von Richardmenil aus haben wir dann nochmal Nancy besucht und sind dort 4 Tage geblieben.

Nancy

Dann sind wir aufgebrochen und haben uns in den Vogesenkanal gestürzt. Die Fahrt auf dem schmalen Vogesenkanal ist sehr beschaulich und ruhig; manchmal geht es mittels Brücke über einen kleinen Fluß, manchmal mittels Tunnel unter einem Hügel hindurch - wenn nur nicht die vielen Schleusen wären.

 

Abends werden die Schleusen abgeschaltet und man hat die Nacht über seine Ruhe. Weil man in dem flachen Kanal nicht an das Ufer fahren kann, benutze ich immer folgende Anlegetechnik: Mit dem flachen Bug ans Ufer fahren und dann das Heck mit dem tiefer liegenden Propeller mit dem Seil von Hand ans Ufer ziehen bis man den Widerstand des Grunds spürt. Morgens legt man dann in umgekehrter Reihenfolge ab, indem zuerst das Heck vom Ufer weg gedrückt wird.


 

Vogesenkanal
Brücke
Brücke
Tunnel

Auf dem Abstieg Richtung Saône liegen in den steilen Abschnitten des Kanals streckenweise nur 500 Meter zwischen den Schleusen, das war für Vietze und ihre Technik eine große Belastung. 

Schleuse bei Nacht

Die Schleusen werden alle mit einer Funkfernsteuerung bedient, man muß also nach dem Aufruf die gesamte Vorbereitungsphase abwarten. Für beide Fahrtrichtungen gibt es nur eine Fernsteuerung und getrennte Empfänger für bergauf und bergab – also nicht den falschen Empfänger aktivieren! Nach der Aktivierung warten die Schleusen bis man eingefahren ist und die Schleusung durch Heben der blauen Stange startet. Die Schleuse ist erst frei für den nächsten Vorgang, wenn so viele Boote ausgefahren sind wie vorher eingefahren sind. Einen fehlerhaften Ablauf kann nur das Personal vom VNF beenden.

 

Die Fahrt nach Süden verläuft bergauf immer parallel zur Mosel, die aber nach Toul nie mehr befahren wird.  Der Kanal wird aus dem Reservoir de Bouzey gespeist. Die erste Staumauer des Reservoirs war nur unzureichend im Fels verankert und ist kurz nach der Inbetriebnahme eingestürzt.

 

Zwei Tage danach waren wir in Epinal; die vom Vogesenkanal abzweigende Zufahrt zum Hafen war eine ganz neue Erfahrung, denn der Kanal hat nur eine Wassertiefe von 1,6 Meter und an dem Tag war es noch weniger. Die Lenkung war schwergängig und Vietze hat sich richtig am Untergrund fest gesogen. Wenden war nicht drin, denn dafür war der Kanal zu schmal. Bei der Rückfahrt war der Wasserstand ca. 30cm höher und es gab keine Schwierigkeiten.

 

Hinter Epinal befindet sich eine automatische Schleusentreppe aus 15 Schleusen, die wir an einem Tag passieren konnten, weil die folgende obere Schleuse vorbereitet wurde, während man in die untere einfuhr. Die Funkfernsteuerung wurde nur zu Beginn benötigt. Damit war die Scheitelhaltung des Vogesenkanals in ca. 350 Meter Höhe erreicht und wir haben in les Forges an einem nicht im Plan eingetragenen Steg angelegt.

 

Der anschließende abwärts nach Corre führende Teil verläuft wiederum in Tälern parallel zu den Flüssen. Dieser Kanal ist deshalb vollständig gegraben und benutzt anders als der Rhein-Rhône Kanal nie den begleitenden Fluß. Es geht relativ steil bergab, weshalb der Abstand zwischen den Schleusen recht kurz ist.

 

In  Fontenoy le Chateau haben wir einige Tage verbracht und dabei auch eine kurze Wanderung in den Vogesen oberhalb von Bains les Bains gemacht. Da haben wir gesehen, daß dort oben fast alle Häuser private riesige Schwimmbecken haben und großteils so aussehen wie ein alter Bauernhof, dessen ehemalige Ställe man zusammen mit dem alten, jetzt elegant renovierten Wohnhaus bewohnt. In Fontenoy le Chateau hat man nur den vergangenen Charme der Zeit gesehen, als die Stickerei Geld gebracht hat. Viele Häuser standen leer oder waren zu verkaufen. Diesen offensichtlichen Unterschied können wir uns nicht erklären.  

 

So sind wir am 1.7 in Corre angekommen und hatten damit den Vogesenkanal hinter uns. In der Marina wurden wir auf deutsch von einer Schweizerin begrüßt und wir haben uns erst mal von dem Vogesenkanal erholt. Froh waren wir, daß es auch Waschmaschine und Trockner gab.

 

Auf der Saône würde es schneller gehen, denn wir fahren wieder auf einem Fluß. Die Haute Saône hat kleine Schleusen (40m x 5,m), die sich ab St.Jean de Losne zu großen wandeln (185m x 12m) und ab Lyon auf der Rhône bei ähnlichen Abmessungen größere Fallhöhen (bis 25m) überwinden.

 

An der Saône sieht es aus wie auf der unteren Donau, nur daß wir dort ein Berufsschiff gesehen haben, das auf dem Trockenen lag. Diesmal war es ein Privatboot. Das deutet darauf hin, daß der Wasserstand der ruhigen Saône ganz schön ansteigen kann. Das liegt an dem Einzugsgebiet, wo Regen zu kurzem, aber 

Schleusen

Mit Zwischenhalt in Port sur Saône am langen öffentlichen Anleger sind wir im Gemeindeanleger von Gray gelandet und hatten dort morgens die Auswahl zwischen den Liegeplätzen. Nach diesen beiden Fahrten auf dem Fluß war klar, daß jetzt die Zeit vorbei ist, um das Auto mit dem Fahrrad zu holen, denn es waren jetzt deutlich längere Etappen mit dem Fahrrad zu bewältigen. Wir haben das Auto in Gray und dann in Lyon stehen lassen und sind mit Zug und Bus zurück gefahren, weil es in Gray und Cruas zwar noch einen Bahnhof gibt, aber keinen Personenzug mehr, der dort hält. In Lyon haben wir das Auto im Rotlichtviertel hinter dem Einkaufszentrum stehen lassen, weil ich mir gedacht habe, daß dort niemand Interesse an dem Aufsehen hat, das das Aufbrechen eines deutschen Autos verursacht.

 

In Gray habe ich mir die Haare schneiden lassen, was immer unterhaltsam ist, weil man nicht absehen kann, was einen erwartet. So auch diesmal: Erst gab es keinen Termin an diesem Tag, dann spät am Abend und schließlich sofort. Damit war ich natürlich einverstanden.

 

Dann sind wir weitergefahren nach St. Jean de Losne, wo wir schon früh am nächsten Morgen geweckt wurden, weil man den Platz für die an diesem Tag vorgesehenen Drachenbootfahrten benötigte. Erst bei der Rückfahrt wurde mir klar, daß wir noch Glück gehabt hatten, weil das Heck der Vietze in den Bereich ragte, das für die großen Passagierschilfe reserviert war. Da kam so ein riesiges Passagierschiff die  Saône rauf, hat den Abzweig zum Burgrundkanal als Wendemöglichkeit benutze und ist dann rückwärts unter der Brücke zum Anleger für große Passagierboote gefahren. Das Schiff konnte die Brücke erst passieren, nachdem die Besatzung alle Geländer am Oberdeck umgeklappt hatte. Da wäre für uns kein Platz mehr gewesen.  

 

An die Fahrweise der Berufsschiffe auf der  Saône mußte ich mich erst gewöhnen, denn die fuhren genau auf der Fahrwassergrenze nach ENC Karte. Da weiß man nie, wie weit man noch nach außen ausweichen kann. Blaue Schilder waren meistens nicht zu sehen, so daß man schon raten mußte, wo er herfahren würde.

 

So sind wir schließlich in Lyon angekommen und haben mehrere Stadtbesichtigungen gemacht. Der Stadthafen liegt kurz vor dem Zusammenfluß von Saône und Rhône mitten in einem neu gebauten super modernen Einkaufzentrum.  Es heißt auch passend Confluence Center. Nachts ist es hell erleuchtet.

Boot auf dem Trockenen

Wir hatten zwar keine Ahnung, wohin man in Lyon gehen sollte, hatten aber schon bei der Durchfahrt einen Eindruck von interessanten Sehenswürdigkeiten bekommen. Wie immer in den großen Städten lassen wir das Auto stehen und benutzen den öffentlichen Nahverkehr, der in Lyon erstaunlich preiswert war (1,80 Euro für eine Fahrt durch die Stadt).

 

Hafen bei Nacht

Die Basilika sieht man vom Fluß und so wollten wir auch den Blick von oben haben. Im Vordergrund unten ist die Saône und einige der unzähligen Brücken zu sehen.

 

Unterhalb der Basilika liegt die Altstadt, die wir danach aufgesucht haben. Auf dem Bild sieht es relativ ruhig aus, aber direkt um die Ecke war in der Altstadt alles von Touristen überlaufen, daß man nicht mehr wußte, wo man gehen sollte. Das Bild ist am Nationalfeiertag entstanden. 

Lyon von Basilik

Daß Nationalfeiertag ist, haben wir daran gemerkt, daß die Ausgrabungsstätte der alten Römerstadt (Lugdunum) und das zugehörige Museum geschlossen waren. Alle Geschäfte des Zentrums hatten geöffnet. Erst das Feuerwerk am Abend hat es uns gesagt – am nächsten Morgen hat man dann überall auf den Gehwegen die Gedenkblumen für das unfassliche Attentat in Nizza während des dortigen Feuerwerks gesehen. Mit dem Attentat war bewiesen, wie wichtig und richtig die Kontrollen, Gendarmerie und Sicherheitskräfte in den Einkaufszentren, Bahnhöfen usw. sind.

 

Wir waren noch in dem Confluence Museum, das eigentlich etwas für Kinder und Schulklassen ist. Wir haben gesehen, wie engagiert viele der Lehrer mit ihrer Schulklasse durch die Themenwelt gezogen sind und durch Fragen die Kinder motiviert haben, sich intensiver mit den angesprochenen Themen zu beschäftigen. In Deutschland habe ich noch nie eine Lehrerin mit ihrer Klasse durch ein Museum ziehen und mit den Kindern Details besprechen sehen.

 

Nach Großeinkauf (wer weiß schon, was einem auf der Rhône bevorsteht) und Tanken von Diesel und Heizöl ging es dann los. Der erste Kontakt mit der Rhône hat mich genauso aufgewühlt, wie damals die erste Fahrt auf der Donau bei Kehlheim.

 

Der Tankwart in Lyon erzählte, daß er noch nie so wenig Diesel wie dieses Jahr verkauft hat, daran merkt man wahrscheinlich die Auswirkungen der Terroranschläge.

 

Als Beschreibung der Rhône mag dieses Zitat von water-ways,net dienen:
„So richtig schiffbar wird die Rhône jedoch erst ab ihrem Zusammenfluss mit der Saône in Lyon. Dann aber wie!
Nur, es soll gleich gesagt werden, Hausboote werden Sie hier keine treffen, reichen doch deren Motorisierung für diesen Strom nicht aus. Da ist einmal die starke Strömung, die Gefahr von Hochwasser innerhalb kürzester Zeit (das Einzugsgebiet umfasst immerhin die Vogesen, den Jura, die West-Schweiz und ganz Savoyen!), dazu kommt der Mistral. Dieser Wind aus Nord-Nordwest lässt Sie mit einer mittelmässigen Motorisierung bei vollen Touren einfach im Fluss stehen!
Die Rhône ist über weite Strecken kanalisiert, jedoch die einzige Verbindung zu Wasser zum Kanalsystem des Midi.“

 

Herkömmliche französische Charterboote und die Imitationen der Berufsschiffe, die meistens von Engländern gefahren werden, sieht man tatsächlich sehr selten, im Gegensatz zu den anderen Kanälen und Flüssen. Die Forderung nach speziellen Nachweisen, wenn man Boote über 15m Länge fahren möchte, gibt es in Frankreich anscheinend nicht.

 

Was der Mistral ist, haben wir dann am ersten Tag erfahren: inforhone meinte, es wäre ein gemäßigter Mistral mit Böen Geschwindigkeit von über 50km/h; in den Schleusen, die alle in Süd-Nord Richtung liegen, kam es noch nicht zu höheren Wellen. So etwa ab 60km/h kann man dann wegen der Reflexion der Wellen in den Schleusen mit einem kleinen Schiff kaum noch fest machen.

 

Aber kalt war es und wir haben in Südfrankreich bei strahlendem Sonnenschein gefroren. Wie stark die Böen waren, haben wir dann erst am Abend in Andancette am öffentlichen Anleger gemerkt. Dort habe ich auch die Gewalt von Strom und Wind gesehen, denn sämtliche Festmacher an dem Steg waren schon einmal ausgerissen worden und durch neue ersetzt worden. Dabei sollte der Anleger geschützt sein, weil er sich im Kurveninnern des Flusses befindet. Aber der Wind alleine hat schon mächtig an der Vietze gezerrt.

 

So sind wir Neulingen dann am nächsten Abend nach Cruas gekommen und wurden vom Hafenmeister sehr freundlich empfangen. Bei der Hafeneinfahrt habe ich mich völlig auf die Beschreibung des französischen Rhône Handbuchs verlassen, das viel besser war als der Moselführer. Weil der Hafen sich hinter einer Mole versteckt, sieht man ihn vom Fluß aus erst, wenn man vorbei gefahren ist. Bei der Einfahrt muß man einen Betondamm und den Schlamm dahinter beachten, sonst sitzt man fest. Das Buch hat die Situation richtig beschrieben.

 

Gegenüber am Steg lag eine Schweizer Yacht in Holland gebaut, die einen Motor mit 150PS hatte. Den Tag unserer Ankunft hat der Besitzer genutzt, um das Boot vom Dreck zu reinigen, den der vom Mistral aufgewirbelte Strom an Deck geschleudert hatte. Er war wohl schon öfter auf der Rhône unterwegs und kannte die Verhältnisse ganz gut. Auf der Seite von inforhone hatte ich ein Bild gesichtet, daß eine Steganlage in Avignon zeigte. Also habe ich ihn danach gefragt und ihm das Bild gezeigt, das von Google Maps auch nicht gezeigt wird. Die Steganlage war wohl mal da, ist dann aber von der Rhône mitgenommen worden und eine Genehmigung zum Neubau erteilen die Behörden nicht. Einerseits hat er uns viel vom Delta vorgeschwärmt, hat aber auch darauf hingewiesen, daß es unterhalb von Cruas keinen richtigen Hafen für Gäste mehr gibt.

 

Ein oder zwei Tage liegen und dann weiterfahren, das wollten wir jetzt nicht mehr, denn wir wollten auch etwas von der Gegend sehen. Den nächsten richtigen Hafen hätte es dann erst auf dem Canal du Midi gegeben und dazu muß man auch noch die nicht ausgebaggerte Petit Rhône passieren. Auf den Canal du Midi wollte ich auf keinen Fall, denn mir ist immer noch nicht klar, ob das Süßwasser oder Brackwasser ist, denn für Brackwasser hat Vietze die falschen Anoden. Und es war zu erwarten, daß da viele Charterboote unterwegs sein würden.

 

So kam es, daß wir beschlossen haben, 14 Tage in Cruas zu bleiben. Damit befanden wir uns in einer Region, über die ich nichts wußte und nichts vorbereitet hatte. Wie immer war meine Frau als Pfadfinder tätig und hatte schon am nächsten Tag jede Menge Vorschläge für Unternehmungen, während ich das Auto geholt habe, daß ich doch nicht unnötig lange in Lyon stehen lassen wollte – aber es war ihm weniger geschehen, als hier in Marl in der Tiefgarage.

Alt Lyon

Von der Region Ardeche wußte ich nur, daß die Hauptperson des Buches „Papillon“ dort geboren war, aber sonst nichts. Nach den 14 Tagen war es dann so wie immer: Dann weiß man, daß man noch nicht mal die Hälfte dessen gesehen hat, was man besuchen müßte. So haben wir zwar in der Umgebung von Cruas einige Wanderungen unternommen, aber in den Gorges de Ardeche muß es noch viel bessere Wanderwege geben, dafür war der Aufenthalt aber zu kurz.

 

Wir haben es nur zu der Chauvet Höhle geschafft. Die Höhle selbst kann man gar nicht betreten, sondern 2015 ist ein Museum eröffnet worden, in dem sich ein Nachbau wesentlicher Teile der Höhle mit den Felszeichnungen befindet. Auch in dem Nachbau ist das Fotografieren verboten und deshalb soll ein Bild von Google Pictures einen Eindruck vermitteln. 

Cruas

Man sieht, Picasso war nicht der Künstler, der zuerst Doppelaugen dargestellt hat. Die unglaublichen Bilder sind zwischen 36000 und 21000 Jahre alt, denn vor 21000 Jahren stürzte der Eingang ein. Welchem Zweck die roten Punkte an den Wänden und der Bärenschädel auf dem Stein mit rundum verlaufender Lehmbank (eine erste Form des Amphitheaters?) dienten, kann heute nicht mehr erraten werden. Die Höhle wurde von Chauvet und zwei Mitstreitern 1994 entdeckt und sofort so gesichert, daß der Eingang verschlossen war.

 

Während man sich üblicherweise Wochen vorher anmelden muß, um den Nachbau besuchen zu können, sind wir ahnungslos einfach da hin gefahren und die Flexibilität der Verwaltung hat uns noch am gleichen Tag die Besichtigung ermöglicht. Wie toll das war, habe ich erst später von einem Taxifahrer in Montelimar erfahren, der zwar mehrmals im Jahr zu dem Europa Park bei Freiburg fährt, aber die Höhle noch nie besucht hat wegen der langen Zeit für die Voranmeldung.

 

Weil wir von dem Touristentrubel im Ardechetal keine Ahnung hatten, haben wir uns nach dem Besuch der Höhle aufgemacht, die Panoramastraße der Gorges de l’Ardèche zu fahren. Den Pont d'Arc haben wir nur vom Auto aus gesehen, weil man die Suche nach einem freien Parkplatz komplett vergessen konnte. Auf der Panoramastraße durch das Ardeche Tal ging es sprichwörtlich nur im Schrittempo voran und das auf 20km. Wenden war sinnlos, denn in der Gegenrichtung ging es genauso langsam. Die Ardeche hätte man trockenen Fußes überqueren können wegen der vielen Paddelboote.

Grotte Chauvet-Peintures
Confluense Meseum

Einen Tag haben wir investiert für den Besuch von Avignon und des beachtlich wiederhergestellten Papstpalastes. Vor 30 Jahren habe ich dort nur Gemäuer gesehen. Es gab außerhalb einige riesige kostenlose Parkplätze, von denen aus kostenlose Pendelbusse zum Stadttor und der Brücke Saint-Bénézet fahren. Wegen der vielen Touristen findet man sonst keinen Parkplatz. Und dann war da natürlich noch das weltberühmte Sommerfestival, das auch viele Leute von außen anlockt. Als wir am Abend zum Auto zurück kamen, war der Parkplatz genauso voll wie am Morgen, aber man hat gesehen, das waren jetzt Besucher der Veranstaltungen.

 

An der Rhône ist der Fahrradweg so wie überall in Frankreich hervorragend ausgebaut vorhanden, man hat sogar das Gemäuer einer alten (eingestürzten) Seilbrücke für eine Fahrrad Seilbrücke über das alte Flußbett der Rhône genutzt und so die alte Konstruktion vor dem Abriß bewahrt 

Ardeche

Wir haben auch erfahren, daß man mit dem Fahrrad besser nicht flußaufwärts fährt, wenn der Mistral aktiv ist.

 

Die Wanderungen haben ein unfreiwilliges Ende gefunden, weil sich in der Hitze die Wandersohle vom Schuh gelöst hat und wir jetzt nicht auch noch zu Decathlon fahren wollten.

 

Winzer gibt es an der Rhône überall, weshalb wir nicht gesucht, sondern den Hafenmeister nach seiner Empfehlung gefragt haben. Der Winzer und Recoltant, den er in Donzère empfohlen hat, verkauft den Wein in Flaschen, in Containern und lose für geeignete Behälter. Der Wein ist sehr gut und bei der Rückfahrt habe ich das Auto voll gepackt. Bei uns gilt man als Banause, wenn man Wein in Plastikschläuchen kauft, in Frankreich gibt es diese Verpackung nicht nur bei den Winzern, auch sind die Weinregale der Supermärkte voll damit.

 

Damit und mit Einkaufen, Wäsche waschen waren die 14 Tage voll gepackt und wir sind mit der Vietze aufgebrochen, als für den nächsten Tag wieder Mistral mit 60km/h angekündigt wurde, denn bei dem Wind wollte ich nicht aus dem engen Hafen fahren. Nach zwei Tagen waren wir wieder in Lyon und mußten eine unfreiwillige Pause einlegen, weil ein Diesel Rücklauf Schlauch des Motors komplett zu gequollen war und sich Diesel in der Bilge nicht so gut macht. Wir hatten wieder Glück, denn der Hafenmeister hat den Kontakt zu einem Motorenspezialisten hergestellt, der innerhalb einer Stunde mit einem neuen Schlauch mit passenden Anschlüssen zurück kam. Nach seinen Worten verdient er sein Geld dadurch, daß er zu den Luxushäfen am Mittelmeer fährt und dort die reichlich vorhandenen Luxusyachten repariert.

 

Danach hieß es also Saône aufwärts fahren bis zum Rhein-Rhône Kanal und so zum Rhein kommen. So wie immer machen wir auf der Rückfahrt keine großen Pausen und waren nach 3 Tagen wieder in St. Jean de Losne, wo wir eigentlich nur tanken und dann weiter fahren wollten.

 

Die Tankstelle hatte abenteuerliche Öffnungszeiten, keine regelmäßigen. An manchen Tagen komplett geschlossen, an anderen nur vormittags oder nachmittags geöffnet und am Freitag Nachmittag, als wir kamen, überhaupt nicht. Ich bin dann durch den ganzen riesigen Hafen spaziert, aber nicht mal das Charterunternehmen wollte uns Diesel verkaufen. Wir mußten uns also bis zum offiziellen Arbeitsbeginn am nächsten Morgen in Geduld fassen, aber sprachlos war ich schon, als die Angestellte gesagt hat, daß sie uns schon am Freitag an der Tankstelle liegen gesehen hat.

 

So kamen wir erst Samstag Mittag zu der Schleuse 75, das ist die erste Schleuse des Rhein-Rhône-Kanals bergauf. Während es auf dem Vogesenkanal eine Funkfernsteuerung gibt, die für bergauf und bergab mit einem Taster auskommt (man muß sie halt vor den richtigen Empfänger halten), gibt es am Rhein-Rhône Kanal ein kompliziertes Gebilde mit jeder Menge Tasten und einem Display, das auch noch optisch mit der Schleuse redet. Steht also ein Baum im Weg, wird man von der Schleusensteuerung nicht erkannt und muß hin und her jonglieren.

 

Mittlerweile war das Motoröl schon ziemlich lange im Motor und die Engländer, die mit in der ersten Schleuse waren, haben dann getrennt von uns die Schleusen passiert, weil der Motor so stank. Sie wußten wohl auch nicht, auf was sie sich da mit dem Kanal eingelassen hatten, denn in Dole haben wir sie nicht gesehen. Wir waren am Samstag um 14:30 in Dole und haben nach der Anmeldung sogar noch einen Bäcker gefunden, der frisches, noch warmes Brot verkauft hat. Also hatte sich der Stadtbummel gelohnt. Am Sonntag war der Kanal komplett gesperrt, weil der regionale Ironman gekürt wurde. Eine Fahrradtour hat uns gut getan.

 

Der Tunnel von Thoraise hat jetzt bunte Lichter im Hangenden und einen Wasservorhang.  Da fährt man darauf zu und kann nur hoffen, von der Steuerung des Wasserfalls rechtzeitig erkannt zu werden.

 

Vor Besançon haben wir in Sichtweite der Zitadelle übernachtet. Das Bild zeigt oben die Zitadelle und unten das Stauwehr des Doubs mit der Schleuse rechts. Das ist eine typische Doubs Schleuse.

Altes Flussbett
Fundment Sei Brücke

In der Stadt Besançon gibt es zwei Schleusen und einen Tunnel und die Stadt läßt dem Kanal wenig Platz. Deshalb ist die Passage ziemlich abenteuerlich, denn die beiden Schleusen liegen direkt hintereinander und die Zweite liegt am Tunneleingang. Sie wird manuell zusammen mit der Durchfahrt durch den Tunnel bedient.

 

Dann gab es wieder einen unfreiwilligen Stop an einer Doppelschleuse, denn das Charterschiff ist von oben einfach in die obere Schleuse gefahren, die dabei war, sich für uns vorzubereiten. Die Schleusen lassen sich aber nicht betrügen und so mußten wir auf den Mitarbeiter des VNF warten. Wir haben mindestens zwei Stunden verloren und doch noch in Baume les Dames den letzten freien Platz gefunden.

 

Hier kam es zu einem zweitägigen unfreiwilligen Halt, weil die nächste Schleuse defekt war. Der VNF hat das defekte Tor mit dem Kranwagen aus den Scharnieren gehoben und dann instand gesetzt. 

Besancon

Wir hatten wieder Glück, denn wir hatten einen richtigen Liegeplatz mit der kompletten Infrastruktur und die Reparatur ging relativ schnell. Die entgegen kommenden Boote mußten umkehren oder im Niemandsland auf der anderen Seite vor der Schleuse warten.

 

Am Abend des zweiten Tages kam dann so eine Berufsschiff Imitation in Baume les Dames an. Diese Schiffe bieten wegen ihrer Größe viel Platz und sind bei den Engländern sehr beliebt. Es gab keinen Liegeplatz mehr und so ist er einfach mitten im Kanal liegen geblieben. Nur die Steine haben das Schiff gehalten. Am nächsten Morgen geschah das, was ich kommen gesehen hatte, denn jetzt war die Schleuse wieder in Betrieb und es kam ein echtes deutsches Berufsschiff, das pünktlich zum Betriebsbeginn der Schleusen an der reparierten Schleuse sein wollte. Also hat er morgens um 6:00 mit seiner Fanfare den ganzen Hafen geweckt, denn er kam nicht an der Berufsschiff Imitation vorbei. Dabei haben wir unglaubliches Glück gehabt, denn nachdem er die Leute auf dem Schiff geweckt hatte, das ihm den Weg versperrte, ist er zurück gefahren. Die Chance habe ich genutzt und ihn gefragt, ob wir vor ihm losfahren dürfen. Mit seiner Zustimmung sind wir dann vor gefahren und haben die Berufsschiff Imitation mit dem starken Motor der Vietze zur Seite gedrückt.

 

Sonst hätten wir die ganze Zeit hinter den zwei Riesen herschleichen müssen, denn auf dem Kanal kann man nicht überholen. Auf dem Doubs kann man zwar überholen, aber es ist riskant, weil die Schilder am Ufer immer den Abstand angeben, in dem die Fahrrinne zum Ufer liegt. Außerhalb ist felsiger Untergrund!

 

Wir haben an diesem Abend in Colombier Fontaine beim VNF übernachtet und dadurch am Morgen erfahren, daß sich hinter uns eine ganze Armada von Riesenschiffen befindet. Wir mußten früh aufstehen, weil Berufsschiffe die gesamte Betriebszeit der Schleusen ausnutzen und in den Schleusen übernachten. Die Schleusen werden um 7:00 eingeschaltet, Personal vom VNF zur Störungsbeseitigung steht erst ab 8:30 zur Verfügung.

 

Inzwischen hatte ich auch das Motoröl gewechselt und die Stinkerei in den Schleusen hatte aufgehört.

 

Ein Stück hinter Montbéliard ist es dann vorbei mit der Fernsteuerung und man wird von einem Mitarbeiter des VNF begleitet. So geht es natürlich viel schneller, weil bei der Ankunft die Schleuse offen ist. Man passiert die Schleusen dann viel schneller. Das Verfahren wird bis Mulhouse in beide Richtungen angewendet. Alle Schleusen sind automatisiert, bei einer Schleuse hat sich die Automatik vertan und wir mußten auf einen Mitarbeiter des VNF warten. Es kam dann der Chef mit einem Laptop und hat versucht, die Ursache zu finden. Es ging erst weiter als ein Praktiker kam, der es so gemacht hat, wie ich es auch probiert hätte. Erst ein paar Mal „Reset“ und dann noch die Steuerung aus- und eingeschaltet, und das Schleusentor schloß sich.

 

In Dannemarie haben wir uns dann beim VNF abgemeldet und eine längere Pause eingelegt. So sind wir wenigstens zu fritiertem Karpfen gekommen, wofür der Sundgau berühmt ist. Es gibt sogar eine Karpfen-Route. Im Elsaß braucht man auch kein Obst zu kaufen, wenn man zur richtigen Zeit da ist: Wir haben 4 Mirabellenbäume gefunden, um die sich niemand gekümmert hat. So gab es die nächsten Tage so gute Mirabellen, wie man die nirgendwo kaufen kann. 

 

Nach Anmeldung beim VNF waren die restlichen 23 Schleusen in sechs Stunden passiert und wir haben im Canal de Huningue übernachtet. Am nächsten Morgen ging es dann durch die Schleuse von Niffer mit dem Turm von Le Corbusier in den Rhein.

 

Auf dem Rhein ging es zügig durch die Schleusen, weil ich mit dem AIS Empfänger sehen konnte, mit welcher Geschwindigkeit „unser“ Berufsschiff auf die nächste Schleuse zuhielt. So haben wir an einem Tag 8 große Rheinschleusen und 110km bis Straßburg zum Club du Port de Plaisance geschafft.

 

Der Hafenmeister war sehr freundlich und sprach perfekt deutsch. Er war abends als wir ankamen noch da und morgens früh schon wieder  und wir wären gerne länger geblieben, aber jetzt wollten wir nach Hause. Den Drang merkt man, wenn man anfängt zu zählen, wieviele Schleusen es noch sind.

 

Noch ein Wort zu den Anlegestellen als Warteplätze an den Schleusen: An den Moselschleusen gibt es praktisch keine, an der Saône und der Rhône an jeder Schleuse und früher war zumindest an einer Seite der großen französischen Rheinschleusen eine Möglichkeit zum Anlegen. Dieses Mal waren alle auf dem französischen Elsaß-Kanal entfernt, so daß wir die erste Gelegenheit an der Schleuse Iffezheim genutzt haben. 

Schleusentor

Das mit der Sprache scheint sich in Frankreich langsam zu verändern. Die VNF Mitarbeiter haben es sofort auf englisch versucht, wenn sie gemerkt haben, daß ich Schwierigkeiten mit dem Französisch habe, aber wenn ein Franzose englisch spricht, verstehe ich kein Wort. Ich bin dann lieber bei Französisch geblieben und haben fehlende Worte umschrieben. Je näher man dann der Schweizer Grenze kam, desto besser sprachen die meist jungen VNF Mitarbeiter deutsch. Viele haben dann erzählt, daß sie deutsch lernen, um die Chance zu haben, in der Schweiz oder in Deutschland einen Job zu finden.

 

In Speyer wollten wir uns mit Bekannten treffen und so sind wir zum Speyerer Yachtklub gefahren. Der Empfang war das genaue Gegenteil von dem was wir in Straßburg erlebt haben. So hat man sich darüber lustig gemacht, daß ich mit dem Rheinbuch von 2007 unterwegs bin. Die Leute haben wohl noch nie elektronische ENC Karten benutzt. Es gab einen Aushang für eine „White Night“, in der stand, daß man in weißer Kleidung und mit guter Laune zu erscheinen habe. Da kann man nur sagen „Kleider machen Leute“.

 

Wir haben uns dann die Liegegebühren wieder auszahlen lassen und sind gegenüber zum Otterstädter Verein gefahren. Da war man sehr gastfreundlich und wir durften am letzten freien Platz festmachen, der normalerweise nicht als Liegeplatz genutzt wird. Beide Häfen liegen im Angelhofer Altrheinarm.

 

Wie man in Rheinland Pfalz das Rheintal durch den Sandabbau verschönert, zeigt das nächste Bild.

Schleuse Iffizheim

Dann war da noch der Freizeitschiffer, der die Betonnung des Braubacher Grunds ignoriert  hat und auf die Felsen gefahren ist. Das Boot hat sich durch die Strömung sofort quer gestellt, aber erst nach einer Stunde hat die Revierzentrale gemeldet, daß man doch bitte langsam den Braubacher Grund passieren soll. Helfen kann einem dort zunächst niemand. Die Polizei hat den Hafenmeister der Marina Koblenz aktiviert, der mit seinem Boot und einem Schlauchboot zu dem Havaristen gefahren ist. Er hat mir dann hinterher erzählt, daß er bei Niedrigwasser die Felsformationen beobachtet hat und deshalb mit einem dicken Seil das aufgelaufene Privatboot mehr oder weniger schnell vom Felsen herunter ziehen kann. Diesmal ging es schnell und er war beim ersten Versuch erfolgreich. Es hat aber auch schon 6 Stunden gedauert. Das Seil kann man nur mit dem flach im Wasser liegenden Schlauchboot zu dem Havaristen bringen.

 

Burg Sandgewinnung

Von Speyer bis Henrichenburg haben wir noch drei Tage benötigt.

 

Der Motor war insgesamt 260 Stunden in Betrieb und hat dabei 2021 Liter Diesel verbraucht. Der tatsächliche Verbrauch schwankt stark, in den Kanälen waren es 4,5 Liter je Stunde und auf dem Rhein zu Berg ca. 15 Liter je Stunde.

 

Jetzt galt es nur noch, das Auto vom Hafen in Cruas zurück zu holen, wo es die ganze Zeit der Rückfahrt gestanden hatte. Mit Thalys bis Paris Nord und TGV ab Gare de Lyon geht es schneller als mit einem Auto (von 5:00 ab Marl bis 14:30 in Montelimar mit 70 Minuten Umsteigezeit zwischen den Pariser Kopfbahnhöfen). In Essen hat die DB den ganzen Bahnhof alle 5 Minuten informiert, daß der Thalys wegen verspäteter Bereitstellung 35 Minuten Verspätung hat. Bis Brüssel hat er davon nichts aufgeholt, weil er von Haltestelle zu Haltestelle bummeln mußte – Deutschland. Hinter Brüssel hat er dann aufgedreht und war nur noch 17 Minuten zu spät im Gare du Nord. Von Paris zum außerhalb von Lyon liegenden Bahnhof war es eine Stunde. Den TGV gibt es jetzt mit Doppelstock Wagen und er hält den Weltrekord mit 575 km/h. Der neue ICE soll 230km/h schnell sein und der österreichische Railjet ohne eigene Trasse mit konventioneller Lokomotive kommt auf 180km/h.

 

Der Zug war pünktlich in Montelimar, so habe ich noch am Nachmittag geschafft, das Auto in Donzère mit Wein voll zu packen und bin am nächsten Tag nach Übernachtung in Montelimar nach Hause gefahren. Es war der 31.8 und letzter Ferientag in Frankreich, aber die Autobahn war in meiner Richtung frei. Auf der Gegenspur sah es zeitweise anders aus. Stau war natürlich wieder um Köln herum. Abends war ich wieder in Marl.

 

Das war unser Sommer 2016.

 

 

Braubach